Was tun, wenn mich der Frauenarzt nicht ernst nimmt?
Dr. med. Christine Eberle ist niedergelassene Frauenärztin in Groß-Bieberau. Durch ihren Schwerpunkt Endokrinologie und Reproduktionsmedizin ist ihr die Symptomatik der vorzeitigen Wechseljahre gut bekannt. Doch das ist nicht die Regel. Was tun, wenn der Frauenarzt die Beschwerden nicht ernst nimmt?
Frau Eberle, man hört immer wieder, dass Frauenärzte Wechseljahres-Beschwerden von jungen Frauen nicht ernst nehmen und sie unbehandelt nach Hause schicken. Woran liegt das?
Zum einen ist das wahrscheinlich so, weil viele Frauenärzte selten damit in Kontakt kommen. Zum anderen, kann es aber auch sein, dass der Frauenarzt einfach nicht die nötigen Kenntnisse hat, um beispielsweise die sehr wichtigen Hormonanalysen durchzuführen. Ein Blutröhrchen abnehmen und in ein Labor schicken kann hingegen jeder. Kann man sie nicht richtig interpretieren, sollte man beispielsweise an einen gynäkologischen Endokrinologen weiterverweisen.
Sind vorzeitige Wechseljahre also kein Teil der Ausbildung von Frauenärzten?
Nicht wirklich. Vorzeitige Wechseljahre sind ein eher exotisches Krankheitsbild. In der normalen sechsjährigen Facharztausbildung wird man wahrscheinlich nicht mit einer Patientin in Kontakt kommen, die vorzeitig in die Wechseljahre kommt.
Wie erkenne ich dann, dass ein Frauenarzt qualifiziert ist?
Im Grunde muss es jemand mit der Schwerpunktweiterbildung Endokrinologie und Reproduktionsmedizin sein. Dann kann man sich sicher sein, dass man zumindest gut beraten wird. In dieser Weiterbildung betreut man selbst Patientinnen in den vorzeitigen Wechseljahren und weiß, wie man die Hormonwerte zu interpretieren hat. Auch in der Kinderwunschbehandlung wird man mit solchen Patientinnen in Kontakt kommen. Selbst wenn in der Praxis nicht die nötigen diagnostischen Möglichkeiten vorhanden sind, weiß derjenige dann was zu tun ist und wo er die Patientinnen hinschicken muss.
Wie sollte so ein Beratungsgespräch denn eigentlich aussehen?
In meiner Praxis kriegen die Frauen erstmal einen Fragebogen in dem die Basics abgefragt werden. Da wird dann beispielsweise gefragt, wann die letzte Regel war. Auch Begleitsymptome wie Hitzewallungen, Schlafstörungen, trockene Haut und Haarausfall werden abgefragt. Danach gehe ich den Fragebogen gemeinsam mit der Patientin durch, untersuche sie und wenn bis dahin Auffälligkeiten auftreten, ist der nächste Schritt die Hormonanalyse. Wenn auch die Hormone auffällig sind, nehme ich oftmals noch den AMH-Wert ab. Ist dann klar, dass die Patientin in den vorzeitigen Wechseljahren ist, schaue ich, warum sie überhaupt bei mir ist. Hat sie schlimme Beschwerden, oder einen Kinderwunsch? Dementsprechend berate ich sie dann weiter.
Für einige Frauen ist die Diagnose gerade im Hinblick auf die vielen Beschwerden und einen möglichen Kinderwunsch ein Schock. Was viele dann brauchen, ist ein ausgiebiges Gespräch. Haben Sie als Gynäkologin überhaupt die Zeit mit den Frauen zu sprechen?
Das ist das, was mir im Alltag am meisten fehlt und mich an meinem Job, den ich eigentlich liebe, wirklich stört. Man hat einfach zu wenig Zeit. Wenn ich merke, dass die Patientin Gesprächsbedarf hat, bestelle ich sie oftmals noch einmal ein, damit wir uns in Ruhe darüber unterhalten können. Außerdem haben die Patientinnen immer die Möglichkeit, mich per E-Mail zu kontaktieren, was ich sehr wichtig finde. Oft fällt einem dann doch erst zuhause noch eine wichtige Frage ein. Ich habe gemerkt, dass es für die Frauen sehr wichtig ist, zu wissen, dass jemand vor ihnen sitzt, der weiß, worum es geht und der sie gerne berät. Es ist viel wert, wenn man als Frauenarzt empathisch ist und den Frauen wirklich zur Seite steht.
Was raten Sie Frauen, die sich nicht ernstgenommen, unwohl oder einfach nicht gut beraten fühlen?
Bei vorzeitigen Wechseljahren ist eine frühzeitige Diagnostik ganz wichtig. Gerade im Hinblick auf einen Kinderwunsch und das Osteoporoserisiko. Deshalb sollte man natürlich den Frauenarzt wechseln, wenn man sich nicht gut aufgehoben fühlt. Ich hatte auch schon Patientinnen, die zu mir gekommen sind, weil ihr Arzt ihr Anliegen nicht ernstgenommen hat. Das finde ich sehr schade. Jede Frau hat ein eigenes Körpergefühl und merkt, ob ihre Regel einfach durch Stress nicht regelmäßig kommt, oder weil tatsächlich etwas nicht stimmt. Das sollte man als Frauenarzt ernst nehmen, denn wir sind doch so etwas wie die Hausärzte der Frauen und sollten eine Leitfunktion einnehmen, damit sie sich gut aufgehoben fühlen.