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“Trink ‘nen Cognac, Kind”

8. Januar 2018Michelle

Katja kämpft nach einer Not-Operation mit starken Beschwerden. Erst sechs Jahre nach der OP hat sie Gewissheit: Sie ist seit ihrem 36. Lebensjahr in den vorzeitigen Wechseljahren und kämpft jetzt mit Hormonen gegen die Symptome.

Ich habe mich als Jugendliche immer über meine Oma kaputt gelacht, wenn sie mit Handtuch im Nacken gebügelt hat“ – heute ist es Katjas Oma, die über ihre Enkelin lacht. Denn das Blatt hat sich gewendet: Nun ist Katja diejenige, die sich eine teure Winterjacke gekauft hat, die sie nicht anziehen kann – der Hitze wegen.

Folgen einer Not-OP

Katja ist jetzt 42 Jahre alt, Mutter von zwei Kindern und erzählt sehr humorvoll von ihrer Geschichte, die andere wahrscheinlich weit aus der Bahn geworfen hätte. Damals, als ihr mit 36 in einer Not-Operation wegen einer verpfuschten Laparoskopie der rechte Eierstock entfernt werden musste, hat sie noch nicht damit gerechnet, dass sie die Gefühle ihrer jungen Oma so früh nachempfinden können würde: „Ich hatte so schlimm Hitze, wenn ich zuhause war, hab’ ich mein T-Shirt in die Ecke geschmissen und mich mit offenen Armen auf den Balkon gestellt“. Ihren Verdacht, dass sie bereits in den Wechseljahren war, konnte ihr kein Arzt bestätigen. Immer wieder hieß es, ihre Beschwerden seien Folgen der Not-Operation: „Ein Arzt sagte mir sogar, solange ich nur einen Zentimeter Eierstock im Körper hätte, könne ich nicht in die Wechseljahre kommen. Ich solle mich nicht so anstellen“.

Wechseljahresbeschwerden mit 36

Im Sommer nach der nächtlichen Operation wurde bei ihr Endometriose festgestellt, eine Erkrankung, bei der Gebärmutterschleimhaut-ähnliches Gewebe beispielsweise im Eierstock ansiedelt, wuchert und zu Verklebungen führt. Sie entschied sich, in ein Endometriosezentrum zu gehen. „Man sagte mir, ich solle die Pille im Longzyklus 11 Jahre lang durchnehmen um Blutungen und Verklebungen zu vermeiden“, damit würde sie angeblich auch die natürlichen Wechseljahre umgehen. Geholfen hat das nicht, denn ihre Beschwerden wurden eher schlimmer als besser: „Ich hatte mit 36 die typischen Wechseljahresbeschwerden: Schlafstörungen, die schlimme Hitze, das Gefühl, eine Blasenentzündung zu haben, Beinschmerzen – all das machte mich kirre“. Darauf testen wollte sie aber niemand.

Ungewissheit kann verrückt machen

Als am schlimmsten empfand sie in dieser Zeit die Ungewissheit und die vielen täglich hinzukommenden Beschwerden und Veränderungen an ihrem Körper: „Du rennst zum Urologen weil du denkst, du hast eine Blasenentzündung, aber keiner findet etwas. Wenn man nicht weiß, was los ist und dass das den Wechseljahren zu verdanken ist, kann man sich wirklich schnell verrückt machen“.

Falsche Werte abgenommen

Nachdem sie es zunächst acht Monate lang gemeinsam mit ihrem Frauenarzt mit pflanzlichen Präparaten probiert und verschiedene Hilfsmittel durchgetestet hat, ist sie zu einem Endokrinologen gegangen: „Der war auch Mist. Er hat mir im Mai sieben Kanülen Blut abgenommen, von denen ich bis heute keine Ergebnisse gesehen habe“. Als sie schließlich auch den Frauenarzt wechselte, stellte sich heraus, dass ohnehin falsche Werte abgenommen wurden. So sind es vor allem die LH- und FSH-Werte, die einen Hinweis auf den Eintritt der Wechseljahre bieten können.

Jahre nach der OP herrscht endlich Gewissheit

Sechs Jahre nach der Not-OP hat Katjas neuer Frauenarzt nun endlich den Hormontest gemacht, den sie schon so lange gefordert hat. Diesmal mit den richtigen Werten. Das Ergebnis war keine Überraschung für sie: „Ich steckte natürlich schon längst mitten in den Wechseljahren.“

Hormontherapie gegen die Beschwerden

Anfangs war sie sehr sauer, weil sie auch so viele Jahre nach der schweren Operation unter Lebensgefahr noch mit den Folgen zu kämpfen hatte und lange Zeit keine Lösung dafür finden konnte. „Damals musste ich erst wieder laufen lernen, nur um mich dann mit Wechseljahresbeschwerden und Arztbesuchen rumschlagen zu müssen. Jetzt geht es mir viel besser“, sagt Katja. Obwohl sie lange Zeit Angst davor hatte, unterzieht sie sich jetzt einer Hormontherapie: „Hormone werden ja stark kritisiert, wegen dem Brustkrebsrisiko, Thrombosegefahr und Lungenembolien. Aber wenn man sehr jung in die Wechseljahre kommt, zwei Teenager zuhause hat, den Haushalt schmeißen muss und arbeiten geht, kann man irgendwann nicht mehr über die Beschwerden hinweg sehen“.

Es ist wichtig, auf den eigenen Körper zu hören

Heute, ein Jahr danach, ist Katja „tiefenentspannt“. Sie fühlt sich einfach normaler, kann wieder Sport machen, ohne klitschnass geschwitzt zu sein und sieht wieder etwas durch ihre unbeschlagene Brille. Auch ihre Kinder sind „zum Glück“ bereits aus dem schlimmsten Teil der Pubertät raus: „Ich glaube, es ist wichtig, dass man das Ganze einfach an- und mit Humor nimmt“, fügt sie lachend hinzu. Wichtig sei es für sie auch, sich nicht verrückt machen zu lassen und auf ihren eigenen Körper zu hören, gerade wenn es um die Therapie geht: „Vielleicht versuche ich es noch mal ohne Hormone, vielleicht auch nicht. Ich möchte für meine Entscheidungen von niemandem verurteilt werden. Wir sitzen doch alle im selben Boot!“

Mit Humor gegen die Beschwerden ankämpfen

Ihre Familie und ihre beste Freundin waren ihr in der ganzen Zeit eine große Hilfe. Besonders, dass ihre Familienplanung zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen war, nahm ihr einen Druck, dem andere Frauen leider oftmals ausgesetzt sind: „Ich habe zum Glück bereits zwei Kinder, die ich sehr sehr liebe und dadurch konnte ich entspannter durch die Wechseljahre gehen, als eine Frau, deren Herzenswunsch ein Kind ist“.

Oma weiß es am besten

Eins steht für Katja rückblickend fest: Ihre Oma würde sie nie wieder auslachen. Vor allem, weil sie in schwierigen Zeiten immer einen guten Tipp parat hat, der vielleicht auch anderen helfen könnte, ihre Lage besser anzunehmen: „Meine Oma hat immer gesagt: „Trink ‘nen Cognac, Kind, das haben wir früher auch so gemacht“ und auch wenn ich gar nicht so viel trinken konnte, wie ich Beschwerden hatte, hat mich diese Einstellung zum Leben auch in schweren Zeiten immer wieder zum Lachen gebracht“.

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