Blog post

“Ich fühlte mich nicht mehr wie eine Frau”

28. Dezember 2017Michelle

Nadine ist 33 Jahre alt, als sie die Diagnose vorzeitige Wechseljahre erhält. Kinder wollte sie keine mehr, doch das Gefühl, diese Entscheidung abgenommen zu bekommen, machte ihr zu schaffen. Heute versucht sie herauszufinden, wie sie ihre Beschwerden am besten lindert. Mit Hormonen oder ohne?

„Meine Tage waren genau zwei mal unpünktlich – und diese zwei Mal haben wir Emily und Tom getauft“ – Als Nadines Periode dann im Dezember 2015 zum dritten Mal überfällig war, erlebten sie und ihr Mann eine Schreckenssekunde. Die Familienplanung galt eigentlich als abgeschlossen. Mit ihren 33 Jahren und den beiden Kindern war sie wunschlos glücklich.

Schwangerschaftstest negativ

Zu ihrer Erleichterung waren alle Schwangerschaftstests negativ: „Ich hab’ mir nicht viel dabei gedacht, es hätte ja sein können, dass sich meine Tage durch Stress verspäten“, doch schon einen Monat später stellte sie weitere Veränderungen an sich fest: „Ich war zwar noch nie der geduldigste Mensch, aber auf einmal war ich so schnell gereizt, dass ich mich selbst nicht mehr kannte“, erzählt sie lachend am Telefon. Hinzu kamen Unwohlsein und Herzrasen.

Warten auf die Ergebnisse

Der Hausarzt stellte fest, dass Blutdruck und Puls extrem erhöht waren und verschrieb ihr Beta-Blocker. Als ihre Periode immer unregelmäßiger kam, verwies er sie an ihre Frauenärztin, um einen Hormonspiegel erstellen zu lassen. Gesagt getan. „Zuerst vermutete meine Frauenärztin, dass ich zu viele männliche Hormone im Körper habe. Das würden wir wieder in den Griff bekommen“, doch als auch zwei Wochen nach der Blutabnahme keine Ergebnisse kamen, wurde Nadine stutzig.

Der Tag der Gewissheit: Diagnose vorzeitige Wechseljahre

Ein paar Tage später stand der gewissheitbringende Termin dann an. Mit der Diagnose, hat sie allerdings nicht gerechnet: „Meine Frauenärztin sagte mir, dass ich in den vorzeitigen Wechseljahren sei“. Mit 33 in den vorzeitigen Wechseljahren? Obwohl auch ihre Mutter und ihre Großmutter früh in die Wechseljahre kamen, konnte Nadine es nicht glauben. Anders als viele andere Frauenärzte, beließ es Nadines Frauenärztin allerdings nicht bei einem Test. Deshalb machte sie nach einem Gespräch über einen möglichen Kinderwunsch noch einige weitere Hormontests. Nicht nur die vielen Tests bestätigten schließlich die Diagnose, sondern auch Nadines Zyklus: „Im Sommer 2016 hatte ich dann zum letzten Mal meine Tage. Seitdem nicht mehr“.

Das Gefühl, keine Frau mehr zu sein

Einige Frauen empfinden ihre Periode als lästig und sehnen den Tag herbei, an dem sie endlich nie wieder kommt. Gerade wenn wie bei Nadine kein Kinderwunsch besteht. Doch in der jungen Mutter kochte ein Gefühl hoch, das sie so zuvor nicht kannte: „Ich fühlte mich nicht mehr wie eine Frau. Weil ich meine Tage nicht mehr bekommen habe und eben wahrscheinlich auch keine Kinder mehr bekommen kann“. Es war dieses Gefühl der Endgültigkeit, das sie am meisten bedrückte. Kein Kind mehr zu wollen, war ihre eigene Entscheidung. Doch keines mehr kriegen zu können, nahm ihr die Entscheidungsfreiheit: „Am Anfang habe ich mich deshalb sehr zurückgezogen und hängenlassen. Meine Freundinnen habe ich kaum mehr gesehen“.

Die Familie als Unterstützung

Aber auch die Launen, und die Schwierigkeiten beim Abnehmen und vor allem die extremen Schweißausbrüche machten ihr sehr zu schaffen. Ihre Familie war ihr in dieser Zeit eine große Hilfe: „Meine 11-Jährige Tochter weist mich oft daraufhin, wenn ich mich mal wieder in etwas hereinsteigere. Und mein kleiner Sohn flitzt immer sofort los um das Fenster aufzureißen, wenn er merkt, dass Mama mal wieder eine Hitzewallung hat“. Auch ihr Mann steht hinter ihr: „Er sagt immer: „Wir schaffen deine Launen schon“ und akzeptiert meine Entscheidung, keine Hormone zu nehmen“.

Hormone oder keine Hormone?

Sich in den Wechseljahren einer Hormontherapie zu unterziehen, um Beschwerden zu lindern und das Osteoporoserisiko zu senken, wird von Ärzten empfohlen. Auch Nadines Frauenärztin sprach diese Empfehlung aus: „Ich meine, vielleicht ginge es mir mit Hormonen besser, aber ich will eigentlich nichts damit zutun haben“. Deshalb versucht sie es mit verschiedenen pflanzlichen Mitteln. Ihre Frauenärztin unterstützt sie in ihrer Findungsphase. Halbjährlich treffen sie sich, um eine gute, hormonfreie Therapie für ihre Beschwerden zu finden. Bisher noch ohne Erfolg: Ihre Beschwerden konnte sie bis heute nicht loswerden.

Heute geht sie offen mit der Diagnose um

Nachdem sie sich anfangs sehr zurückgezogen hat, geht Nadine rund ein Jahr nach der Diagnose offen mit den Wechseljahren um. Auch ihre Freundinnen wissen mittlerweile von dem Syndrom: „Besonders die Hitzewallungen kann man ohnehin nicht verbergen“. Wenn jetzt jemand beim Frühstücksbruch scherzhaft fragt: „Hitzewallung, oder was?“, antwortet sie ganz einfach mit „Ja. Ist halt so“, anstatt sich weiter zurückzuziehen. „Es ist keine schlimme Diagnose, ich werde daran nicht sterben. Es ist halt einfach so“.

Frauenprobleme

Auch wenn sie nicht gedacht hätte, dass sie das mal sagen würde aber ab und an vermisst sie ihre Periode dann doch noch: „Tja solche Probleme haben immer nur wir Frauen. Erst verflucht man seine Tage, dann vermisst man sie. Und das ist wahrscheinlich der Punkt: Das alles ist fraulich. Jede Frau kommt irgendwann mal in die Wechseljahre. Warum sollte man also nicht offen damit umgehen?“

Vorheriger Post Nächster Post