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Menocore: Fashiontrend Wechseljahre

6. Dezember 2017Michelle

Wadenlange Röcke, weite Strickpullover, flache Pantoletten und Fischerhüte: Menocore steht für lässige Outfits und Gemütlichkeit. Das Vorbild: Frauen in den Wechseljahren. Geschmacklos oder gute Message?

Der Begriff Menocore ist eine Mischung aus Menopause und Hardcore. Getauft wurde der Wechseljahrslook von der US-amerikanischen Bloggerin Harling Ross. Sie beschreibt den Look in ihrem Blog “The Man Repeller” als “unbefangen-cool”. Ein Look, den eine Mittfünfzigerin tragen würde, die es nicht interessiert, was andere über ihr Aussehen denken. Es geht um unförmige Klamotten, die kaschieren. Komfort kommt vor Sexyness. Das klingt erst einmal ziemlich stigmatisierend. Junge Bloggerinnen nehmen Frauen in den Wechseljahren, nennen ihren Look unsexy und machen ihn zu ihrem Versuch, einen neuen Trend, gar eine Bewegung zu erschaffen. Doch dahinter könnte ein guter Gedanke stecken. Auch für Frauen in den vorzeitigen Wechseljahren.

Die Instagramisierung der Mode

Die Modeindustrie steckt Frauen oft in Schubladen: Sie muss “fraulich” aussehen, ihren Körper betonen, zeigen was sie hat, trendy sein. Auf Instagram entsteht dadurch eine Art Wettbewerb. Wer ist schöner, trendbewusster, individueller? Und das alles geschieht hinter dem Deckmantel der unechten Perfektion. Durch diese “Instagramisierung” entsteht für viele junge Frauen der Druck, ihre Individualität durch ihren Stil auszudrücken, sich der Perfektion zu nähern und den Körper zum Aushängeschild zu machen. Man ist nur individuell, wenn man auch so aussieht.

Menocore als eine Art Gegenbewegung

Der gemütliche Look, ohne viel Aufwand, soll eine Gegenbewegung sein. Er soll den Druck zur unechten Perfektion nehmen. Er soll zeigen, dass Kleidung nicht den Charakter definiert. Natürlich entsteht auch daraus ein neuer Trend, eine neue Art, zu zeigen: “ich bin individuell, weil es mir egal ist, ob ich individuell wirke”, doch die wohl wichtigste Message hinter der Bewegung liegt immer noch in der Wahl ihres großen Vorbilds: die Frau in den Wechseljahren.

Frauen in den Wechseljahren als Vorbild für Stärke

Darüber, dass sie modisches Vorbild ist und dadurch vermittelt wird, die Frau in den Wechseljahren habe etwas zu kaschieren, lässt sich streiten. Viel wichtiger ist jedoch, dass sie eine Art Vorbild für das Leben und den Charakter darstellt. Die Bewegung sieht Frauen in den Wechseljahren als viel selbstbewusster, selbstbestimmter und mit sich selbst zufriedener, als Frauen ihrer eigenen Generation. Ihnen ist es egal, ob jemand ihre Kleidung und ihr Aussehen mag, solange sie mit sich selbst zufrieden sind. Sie sind sich wichtig genug, sich selbst und ihrem Körper eine Pause zu gönnen, ihn zu lieben und ihn in bequeme Klamotten zu stecken, wenn ihnen danach ist. Die Frau in den Wechseljahren wird geradezu gehuldigt, weil sie weiß was sie will, was sie kann und was sie wert ist.

#menocore

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Menocore nimmt den Wechseljahren das Tabu

Dass man eine Bewegung “Menocore” nennt, schenkt den Wechseljahren wieder mehr Aufmerksamkeit. Dass ein Stil geschätzt wird, den man mit den Wechseljahren in Verbindung bringt, nimmt dem Thema das Tabu. Die Wechseljahre scheinen nicht mehr mit dem Älterwerden gleichgesetzt zu werden, sondern damit, charakterlich zu wachsen. Junge Frauen wollen nicht mehr sexy sein, sondern dafür geschätzt werden, was hinter der Fassade steckt.

Albern oder bestärkend?

Das zeigt auf der einen Seite, was in der Generation der Mitte 20-Jährigen schief läuft, zum anderen aber auch, dass Wechseljahre nichts sind, was Älteren vorbehalten ist, sondern eine Lebenseinstellung widerspiegelt, die für jeden ein Vorbild sein kann. Man kann den Trend stigmatisierend und albern finden, man kann ihm aber auch etwas abgewinnen und ihn mit Humor nehmen. Denn wer könnte ein besseres Vorbild für Frauen in ihrem eigenen Alter sein, wenn nicht genau die jungen Frauen, die tatsächlich schon in den Wechseljahren sind und sich und die frühen Veränderungen an ihrem Körper so annehmen, wie sie sind?

 

 

 

 

 

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